Hören, singen, lernen, tanzen – HaSy ist DIE Konzertreihe für Vorschulkinder von den Hamburgern Symphonikern (deshalb heißt sie auch HaSy). Wir haben die Konzertpädagogin Susanne Grünig gefragt, was ihre Konzerte so besonders und erfolgreich macht.
“Frau Muse kommt immer zu spät.” Was meinen Kindern noch zu den HaSy Konzerten einfällt? “Frau Muse ist ein bisschen verrückt, aber eigentlich tut sie nur so”, sagt der Hambuger Jung (5). “Frau Grünig (er sagt Frau Güünich) liest manchmal eine Geschichte vor”, ergänzt der Hamburger Knirps (3). “Und wir singen jedes Mal das HaSy Lied.”
Tatsächlich: Die HaSy Konzerte folgen einem immer gleichen Muster – wie Kinder es lieben. Jeweils zwei Wochen bevor sich der Vorhang für die Hamburger Symphoniker erneut öffnet, bekommt jedes HaSy-Kind einen Brief, der auf das nächste Konzert einstimmen soll. Jedes Konzert hat ein Thema. In der letzten Saison waren es beispielsweise die vier Elemente: Feuer. Wasser, Erde und Luft. Die Kinder sitzen auf Kissen direkt vor der Bühne. Jedes Instrument wird zu Beginn kurz vorgestellt sowohl namentlich als auch mit einem kleinen Solo. Es folgen Musikstücke zu Lauschen, zum Mittanzen und zum Mitsingen. Dabei wechseln sich aktive und passive Teile für die Kinder angenehm ab, so dass auch bewegungsfreudige Jungs und Mädchen nie zu lange auf ihrem Popo sitzen.
Konzertpädagogin und HaSy-Erfinderin Susanne Grünig im Interview
Konzeptioniert werden die HaSy-Konzerte von Susanne Grünig, Konzertpädagogin und Moderatorin der HaSy Konzerte. Wir haben sie gefragt, was ihr bei der Entwicklung der HaSy Konzerte wichtig ist und warum eigentlich alle Kinder Frau Muse lieben.
Frau Grünig, Was ist das Besondere an der Konzertreihe HaSy?
Besonders ist, dass unsere HaSy-Konzerte ohne kindgerechtes Bühnenbild, ohne besonderes Licht und ohne sonstige Dekoration auskommen. Auf der Bühne sind nur die Hauptpersonen zu sehen: Musiker und Musikerinnen der Hamburger Symphoniker in kleineren kammermusikalischen Besetzungen und in schwarzer Konzertkleidung. Klingt vielleicht langweilig, ist es für die Kinder aber nicht. Wir zeigen zunächst eine ganz normale Konzertsituation. Von Frau Muse und mir als Moderatorin wird diese jedoch aufgeweicht.
Speziell ist auch der Gedanke der Nachhaltigkeit: Man kann Tickets nur im Viererpack – also als Abo – erwerben. Dadurch verflüchtigen sich die Eindrücke nicht. Es ist tatsächlich zu spüren, dass die Kinder im letzten der vier Konzerte schon „alte HaSys“ sind und einiges an Wissen anhäufen konnten.
Eine weitere Besonderheit ist der HaSy-Brief, der zu jedem Kind ins Haus kommt und auf das bevorstehende Thema Lust machen soll. Dazu gibt es Informationen, Spiele und manchmal etwas zum Basteln oder Lieder. Dass die Familien sich tatsächlich mit der Post beschäftigen, kann ich sehr deutlich im Konzert merken.
Und last but not least: Die Großen im Publikum – Eltern oder Großeltern – werden von mir konzeptionell mit eingebunden und haben an den Konzerten ganz offensichtlich genauso viel Spaß wie die Kleinen. Ein wichtiger Punkt, den auch die Kinder sehr genau wahrnehmen.
“Jedes HaSy Konzert ist ein Unikat”
Wie gehen Sie vor, wenn Sie sich Themen für die Konzerte überlegen und die einzelnen Konzerte inhaltlich vorbereiten?
Die Themen sollen so nah wie möglich an der Lebenswelt der Kinder sein, aber auch die Erwachsenen erreichen. Deshalb mache ich oft Orte in Hamburg zum Thema. So haben wir schon den Michel, den Hafen, ein Kaufhaus, den Hauptbahnhof oder den Stadtpark musikalisch besucht. Meine Vorbereitung geht aber immer von der Musik aus. Die Auswahl der Musikstücke überlasse ich fast vollständig den Ensembles, damit sie Spaß am Spielen haben und ich gezwungen bin, immer wieder neue Ideen zu entwickeln und nicht in einen Trott verfalle. Deshalb ist jedes Konzert seit vielen Jahren ein Unikat. Auch das ist eher unüblich und eine Besonderheit.
Ich versuche bei der Konzeption auch, den Kindern in einer Saison so viele Instrumente eines Orchesters wie möglich vorzustellen. Immer ist jedes Instrument einzeln zu hören und meistens rücken wir ein Instrument näher in den Fokus. Wichtig ist es auch, dass die Musikerinnen und Musiker als Menschen in das Geschehen eingebunden sind. Unsere Teams aus den Hamburger Symphonikern sind immer mit sehr viel – auch szenischer – Spielfreude dabei, was meiner Meinung nach einen großen Anteil am Erfolg dieser Konzertreihe ausmacht.
“Am Besten ist, wenn Kinder gar nicht bemerken, was sie nebenbei so alles lernen”
Was ist Ihnen wichtig, damit Kinder Spaß an den Konzerten haben und gleichzeitig etwas lernen?
Wichtig bei der Konzeption ist der Wechsel zwischen Zuhören und Mitmachen. Im Vorschulalter fällt das Stillsitzen schwer. Deshalb muss es immer wieder etwas zum Bewegen, Singen und tanzen geben. Von Mozart-Gymnastik bis zum gemeinsamen Kanon gibt es viele Aktionen. Ein nicht zu unterschätzender Punkt ist das Lachen. Lachen entspannt und macht die Ohren bereit für eine Musik, die dann tatsächlich nur gehört wird. Unsere Musikstücke sind nie länger als drei Minuten. So lang können Kinder in dem Alter gut und konzentriert zuhören. Sehr wichtig sind die vielen spannenden Informationen rund um die Musik und das jeweilige Thema. Wissen wird dabei immer in lustigen Dialogen vermittelt, damit nichts schulisch oder offensichtlich pädagogisch wirkt. Am Besten ist es, wenn die Kinder (und Eltern) gar nicht merken, was sie nebenbei so alles erfahren und lernen.
Mir ist es auch wichtig, eine große musikalische Bandbreite zu zeigen. Deshalb gibt es fast immer sehr anspruchsvolle Musik aus verschiedensten Epochen auf die Ohren.
Mit der Figur Frau Muse haben Sie eine etwas dümmliche Frau erschaffen, der selbst die Kinder in ihrem Wissensstand meilenweit voraus sind. Warum fasziniert Kinder diese Figur so sehr?
Oh, Frau Muse ist eigentlich gar nicht dümmlich, sondern vor allem kindlich und clownesk. Und wie ein Clown ist sie immer neugierig, nie nachtragend und sehr begeisterungsfähig. Die Kinder lieben Frau Muse, weil ihnen deren Fehler oder Missgeschicke sehr bekannt vorkommen. Frau Muse ist verspielt, hält sich an keine (Konzert-) Regel und verbündet sich aber dabei immer mit den Kindern. Für mich hat die Erfindung dieser Figur den Vorteil, dass alles Neue nicht den Kindern erklärt wird, sondern der schusseligen Frau Muse. Die ist übrigens im Konzert meine Nachbarin, arbeitet in einem Bastelladen und kommt fast immer zu spät. Im Grunde nutzen wir die alt bewährte Konstellation von Clown (dummer August) und Weißclown, sprich: Ernie & Bert oder Dick & Doof, bei der immer der Tollpatsch die Sympathien des Publikums erntet. Deshalb mag das Publikum auch Frau Muse.
“Kinder sind ein wunderbares Publikum”
Ihre Zielgruppe sind Kinder von drei bis sechs Jahren. Da Sie die HaSy Konzerte moderieren, haben Sie auch direkten Kontakt zu Ihnen. Was ist das Besondere für Sie an dieser Arbeit?
Die besondere Herausforderung ist das direkte Feedback von den Kindern während eines Konzertes. Wenn mein Konzept falsch angelegt ist, wird es sofort unruhig und laut im Kinderpublikum. Zum Glück passiert das nur noch sehr selten und ist im Grunde gar nicht schlimm. Ich lerne dann jedes Mal aus meinen Fehlern und weiß genau, wo der Knackpunkt lag. Wichtig ist, dass man Vertrauen in die Kinder hat und sie ernst nimmt.
Eine Gratwanderung zwischen Unterforderung und Überforderung ist jedes Konzept. Beides wäre nicht gut. Aber die Kinder sind ein wunderbares Publikum. Nicht voreingenommen, was neuere Klänge betrifft und mit einer riesigen Portion Fantasie und Humor ausgestattet.
“In der nächsten Spielzeit geht es auf Reisen”
Können Sie schon einen Ausblick auf die nächste HaSy-Saison geben?
Ja, gerne. Dieses Mal geht es mit den kleinen und großen Ohren auf Reisen. Wir reisen gemeinsam mit den Musikerinnen und Musikern über das Meer, in den Schnee, zu den Sternen und in die Berge.
Frau Muse wird das alles sicher wieder wörtlich nehmen und mit gepackten Koffern kommen. Auf jeden Fall gibt es – wie immer – wunderbare Musik mit verschiedensten kammermusikalischen Besetzungen! Das Reisen gehört in die Lebenswelt der meisten Kinder im Publikum. Da gibt es viele Anknüpfungspunkte.
Und zum Schluss noch eine private Frage: Sie sind selbst Mutter eines mittlerweile erwachsenen Sohnes. Wie haben Sie ihm die klassische Musik nahe gebracht?
Das war für mich ganz ohne Aufwand möglich, weil ich Klavier studiert habe und viel am Klavier saß. Oft waren Schülerinnen und Schüler am Nachmittag bei uns zu Hause. So hatte unser Sohn immer Musik um sich.
Manchmal haben wir die großen Kinderkonzerte in der Laeiszhalle mit den wunderbaren Hamburger Symphonikern besucht. Solche Konzertreihen wie die HaSy-Konzerte gab es damals leider noch nicht. 🙂 Unser Sohn studiert übrigens jetzt selbst Musik.
Frau Grünig, wir danken Ihnen für das Gespräch
Tipp: Demnächst startet der Vorverkauf für die neue Saison. Die HaSy-Konzerte sind sehr erfolgreich und entsprechend ausgebucht. Aber: Jedes Jahr werden Kinder zu groß für HaSy und neue Kinder können nachrücken. Also: Jetzt auf die Warteliste setzen und mit etwas Glück Karten für die nächsten vier Konzerte ab Januar 2017 sichern. Die vier Konzerte finden im Zeitraum Januar bis Juni 2017 statt. Die genauen Termine findet ihr hier. Kartenhotline: (040) 357 666 331
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